Dienstag, Februar 07, 2006

Darf es noch ein bisschen Zweiter Weltkrieg sein?

Aus aktuellem Anlass. Im Plural. Also aus Anlässen.

In diversen Foren wurde kürzlich über Erfolg oder Misserfolg des TV-Zweiteilers "Die Luftbrücke" (Produzent: Nico Hofmann) diskutiert, mir selbst wurde ein Stoff für ein Drehbuch in Aussicht gestellt, der "im Dritten Reich spielt, soviel darf verraten werden", im Kino hat eben noch Daniel Brühl Weihnachten an irgendeinder Front gefeiert ("Joyeux Noel", B&R Christian Carion), pausenlos werden die spannenden Werbeblöcke des Vorabendprogramms von History-Dokus über die NS-Zeit unterbrochen und nun liegt auch noch ein Lektorat zum Thema Kriegsende auf meinem Schreibtisch.
Gütiger Gott, gibt dieser faulige Kürbis immer noch Saft?!
Dabei ist mittlerweile offensichtlich, dass seit "Schindler´s List", "Train de vie", "Stalingrad" und zuletzt "Der Untergang" nichts wirklich Interessantes mehr zu dieser Epoche zu sagen ist.
Nachdem das Kino entdeckt hatte, dass doch nicht alle Deutschen gleichermaßen "Schuld" am Holocaust trugen, dass man sich der schrecklichen Vergangenheit auch mit einer Prise Humor nähern kann, ohne den Anstand zu verlieren, und dass Hitler seit 2004 neben einem psychopatischen Massenmörder auch ein Mensch war, will man uns nun endlich erzählen, dass auch in der Zeit zwischen 1938 und 1945 Menschen geliebt und gelitten haben? Nein!, was für eine Überraschung!
Vielleicht sollten wir diese grandiose Idee ausbauen und nach der "Luftbrücke" zum Beispiel einen Film drehen über zwei Freunde, die ihre große Liebe in Pearl Harbour entdecken?! Man könnte diese Handlung etwa gut in einem Dreistundenepos verstecken, indem man einer Bombe folgt, die aus dem Himmel darauf abgeworfen wird. Oder man könnte einen Haufen Müll in die Pampa werfen und zwei Soldaten Sex machen lassen, während über ihnen zwei Scharfschützen versuchen sich gegenseitig die Birnen wegzupusten. Oder man könnte einem Typen mit Dackelblick eine Liebe andichten, die über eine Violine funktioniert, nur gestört von ein paar Truppenbewegungen. Oder man könnte demselben Typen ein Funkgerät in die Hand drücken und ihm beim Weinen zusehen - am Besten über eine Verflossene am Waldesrand - während japanische Flugzeuge ein paar Löcher in den Golfrasen hauen.
Ja, wenn es noch so viel zu erzählen gibt, habe ich mich augenscheinlich geirrt. Es gibt noch EINE MENGE zu berichten über diese Zeit, von der wir einfach nicht genug kriegen können! Also nur zu, lasst uns an die Arbeit gehen! Hurra!

Zu etwas völlig anderem:
Woher kommen plötzlich all die Filme, in denen es um Fußball geht? - Reichen die Sportübertragungen zu WM, EM, FM und was noch alles nicht ?! Da gibt´s doch wirklich nichts Neues mehr seit Backhelm.
Oder hab ich was verpasst?

1 Kommentar:

  1. Der zweite Weltkrieg ist halt der beliebteste aller Kriege, quasi unser aller Favorit unter den gewalttätigen Auseinandersetzungen der Menschheit. Er bietet verabscheuungswürdigere (und vor allem klarere) Bösewichter, eine episodenhafte Handlung, die trotzdem einem einzigen großen Spannungsbogen folgt, und steht ausrüstungstechnisch dankenswerterweise zwischen nostalgischem Altmetall und modernem Kriegsgerät. Der zweite Weltkrieg ist epischer als beispielsweise die Schlacht im Teutoburger Wald, er ist tragischer als der 30jährige Krieg, er ist kantiger als der politisch korrekte Krieg im Kosovo, und er ist actiongeladener als noch sein Vorgänger, wo die Soldaten die meiste Zeit mit Herumlungern in den Schützengräben vertrödelt haben.

    Man kann es natürlich auch wie Michael Cimino machen und einfach einen Krieg erfinden, aus einer geschichtlichen Begebenheit heraus, die fast zu einem geführt hätte. Ich finde ja auch, daß es an der Anglistik schon seit langem bedenklich brodelt.

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