Samstag, Februar 06, 2010

Ach, scheiß drauf!

Wir sind ja nun schon mal dabei, über das Leben nachzudenken, über Konsequenz, Disziplin, Entscheidungen - oder eben unserer Unfähigkeit all diese tollen Dinge betreffend. Und weil ich immer noch überzeugt davon bin, dass Produktivität nicht ohne einen Menschen funktioniert, der einen gewissen Spieltrieb hat, hier eine kleine Anekdote aus der täglichen Hölle des vermaledeiten Pokerspiels.

Ein Multitableturnier auf Pokerstars, über zwei Stunden gespielt, noch gut 600 Spieler von 2500 übrig, Blinds bei 125/250 Ante 50. Ich war eine Zeit lang ganz gut dabei, habe aber vor einigen Händen den Großteil meines Stacks wieder hergegeben und bin jetzt mit ca. 5000 nur noch etwa halb so groß wie der Durchschnitt. Ich sitze im Big Blind mit AJs ("As und Bube von der gleichen Farbe") und allein der Button limpt. ("Der letzte Spieler in der Runde bezahlt den Grundeinsatz, ohne zu erhöhen.") Ich erhöhe auf 750, der Button geht mit. 2325 im Pot, das ist mehr als die Hälfte von allem, was ich noch habe (jetzt noch gut 4000).

Der Flop (die ersten drei Gemeinschaftskarten) wirken etwas gefährlich, weil sowohl Flush- als auch Straightdraws möglich erscheinen. (D.h., mit den noch folgenden Karten kann sich die Hand des Gegners zu einem Flush oder einer Straße entwickeln und mich schlagen.) Der Gegner hat gelimpt und gecallt, vom Button, er kann alles Mögliche haben, also setzt ich, halben Pot, damit´s nicht gleich all meine Chips sind, und weil ich mit meinen beiden Overcards - so denke ich mir - noch eine gute Hand habe. Wenn ich nur checke, setzt der Button wohl automatisch.

Dumm gedacht, der Button called wieder nur, und jetzt liegt ein Paar auf dem Board, ungemütlich im besten Fall. Viel zu viele Chips liegen in der Mitte und ich frage mich, ob ich da überhaupt noch aussteigen kann - ich wäre ultrashortstacked und müsste in den nächsten Runden wahrscheinlich mit irgendeinem Mistblatt All-in gehen, all meine Chips reinstellen.

Scheiß drauf, ist eh egal, rein mit den Chips und hoffen, dass der Button doch noch foldet.
Tut er natürlich nicht.
Der liebe Button called alles, also gucken, was er so in der Hand hat. Ein kleines 5er-Pärchen.
Die Sau!

Eine einzige Karte noch, und das müsste jetzt ein As oder ein Bube sein, sonst bin ich draußen aus dem Turnier.
Und.. und.. und..

Was ich sagen will: Diese Art von erzwungenen Entscheidungen bringt einen zwar immer irgendwo hin, aber selten dorthin, wo man hin will.
Man manövriert sich in eine Situation, aus der man nicht mehr raus kann, oder glaubt, nicht mehr raus zu können, denkt sich "Scheiß drauf", wirft eine Münze und glaubt, man könne ohnehin nichts anderes tun.

Aber das stimmt nicht! Was es in dieser Situation braucht, ist Zeit: zum Nachdenken. Und die sollte man sich in scheinbar ausweglosen Situationen immer nehmen, denn Möglichkeiten gibt es immer, solange wir leben. Daran will ich glauben.

Womit sich der Kreis irgendwie wieder schließt, denn ich werde sterben, wie wir festgestellt haben, und dann ist es wirklich aus mit Entscheidungen.
Aber bis dahin nicht.
Wünscht mir Glück!

3 Kommentare:

  1. Zeit zum Überlegen ist gut ... aber wie kommst du aus der Überlegungsphase ins Handeln, wenn du schon seit Jahren drinsteckst?

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  2. Da wären wir dann wieder bei den Entscheidungen..

    Außerdem: Ist Nichtstun nicht auch eine Form von Handeln? Oder zumindest Überlegen...?

    Hey, ich versuch hier positiv zu bleiben!

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  3. Es ist eine Form des Handelns, aber vermutlich nicht die, die dich ausfüllt, wenn ich mir das hier so durchlese ;-)

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